Was verbindet man gerne mit Japan? Zarte Kirschblüten, anmutige Damen in aufwendigen Kimonos, ernst dreinblickende und auf den Tatami-Matten kniende Teezeremonienmeister, hochmoderne Technologien, schrille Comicfiguren… wie kein anderes Volk verstehen die Japaner, uralte Traditionen hingebungsvoll zu pflegen, zugleich nehmen sie die Einflüsse aus dem Westen genüßlich auf und machen daraus eine ganz eigene japanisch-westliche Kultur. Vor allem, wenn es ums Heiraten geht…
Traditionell wird es in einem Shintō-Schrein geheiratet. Das weiße Brautkleid nennt sich Shiromuku (白無垢), was so viel wie „weiß und unbefleckt“ bedeutet. Die runde, ebenfalls in weiß gehaltene Kopfbedeckung heißt Tsunokakushi (角隱), wörtlich „die Kanten verstecken“. Die Hochzeit symbolisiert für die Frau eine Art „Wiedergeburt“, sie legt ihre Rolle als Tochter sowie ihre „Kanten und Ecken“ ab. Der Bräutigam trägt einen Montsukihakama (紋付袴), also ungefähr das, was Tom Cruise im Kinofilm “Last Samurai” trägt.
Was ganz typisch japanisch ist: Die Schuhe bleiben ausnahmslos draußen! In den Zeremonienbereich des Schreins schlüpfen die Brautleute und die geladenen Gäste auf (vorzugsweise neuen und weißen) Socken. Der hoch stilisierten Zeremonie mit religiösen Tänzen, musikalisch begleitet von den Geistlichen, dürfen nur Familienangehörige und engste Freunde beiwohnen. Das Brautpaar muss während der Trauung mehrmals Sake (Reiswein mit bis zu 20% Alkohol) aus kleinen Schälchen trinken, was auch nicht selten dazu führt, dass die Frischvermählten nach der Trauung bereits angeschwipst sind.
Der Itsukushima-Schrein auf der Insel Miyajima in der Präfektur Hiroshima. UNESCO-Weltkulturerbe seit 1996.
Aufwendig gestaltete Kirche mit bunten Glasfenstern, auf denen Szenen aus der Bibel erzählt werden. Dazu ein weißes, bodenlanges, westliches Brautkleid: Das sind die wichtigsten Elemente für eine Hochzeit, die Japaner liebevoll „Waido Weddingu“ (Japanisierung des Ausdrucks „White Wedding“) nennen. Bereits über 50 Prozent aller japanischen Hochzeiten werden in Kirchen abgehalten, dabei sind in Japan kaum ein Prozent der Bevölkerung Christen. Tja, romantische Spielfilme aus Hollywood haben diesbezüglich einen nicht so unwesentlichen Beitrag geleistet: die kirchliche Trauung ist für viele Japaner schlichtweg der Inbegriff der romantischen Liebesheirat.
Eine Hochzeit in der Kirche ist so beliebt, so dass manche Hochzeitsrestaurants oder internationale Hotelkonzerne wie Hilton oder Hyatt eigene Hochzeitskapellen bauen. Auch sehr gefragt ist der westliche Priester, der mit seiner Anwesenheit der Trauung einen zusätzlichen „exotischen“ Touch verleiht.
Beliebte Hochzeitskirchen in Japan (v.l.n.r): Aquagrace Chapel, Ice Chapel, Lazor Garden Alivila Cristea Church, Nasugogen Forrest Church, Blanc Birch Church, Stone Church.
Egal ob in einem Shintō-Tempel oder einer (Hochzeits-)Kirche, weibliche Hochzeitsgäste im Kimono werden immer gern gesehen. Das komplette Gewand wiegt mitunter bis zu 20 kg und kann ohne fremde Hilfe kaum angelegt werden. Daher werden den Damen, die zur einer Hochzeit eingeladen werden und vorhaben, im Kimono zu kommen, gern ein paar Einheiten Krafttraining empfohlen.
Die authentischen Kimonos sind heutzutage astronomisch teuer; ein Kimono, der so viel kostet wie ein Mittelklassewagen, ist keine Seltenheit. Die meisten Japanerinnen besitzen weder einen Festtagskimono noch beherrschen sie die komplexe Kunst, ihn richtig anzulegen. Die japanischen Hochzeitslocations haben das Bedürfnis rechtzeitig erkannt und um einen Garderobenverleih-Service samt Anziehhilfe erweitert, den viele weibliche Hochzeitsgäste dankbar annehmen. Da kommen manche Gäste sogar früher als die Braut zur Hochzeitslocation, um sich rechtzeitig in Schale bzw. in den Kimono zu werfen.
Eine japanische Hochzeit ist aufwendig und kostet durchschnittlich rund 25.000 Euro. Die eingeladenen Gäste wissen das natürlich auch und schenken dem Brautpaar zur Hochzeit ganz pragmatisch Geld, und zwar in einem speziell für diesen Zweck dekorierten Kuvert.
Die Höhe des Geldbetrags hängt logischerweise von der Beziehung des jeweiligen Gastes zum Brautpaar ab, durchschnittlich zwischen 300-1000 Euro pro Gast). Es ist auch nicht unüblich, dass die gewünschten Beträge in der Hochzeitseinladung stehen, damit sich die Gäste nicht den Kopf zu zerbrechen brauchen. Üblicherweise werden auch frisch gedruckte Geldscheine geschenkt, was „neues Glück“ symbolisiert.
Das Kuvert gibt man bei der „Kassa“ ab: diese besteht aus einem großen langen Tisch, an dem 3-4 Personen, meistens Familienangehörige oder enge Freunde des Brautpaares, sitzen. Sie gehen die Gästeliste durch, überprüfen und notieren die Geldbeträge. Die Gäste bestätigen mit einer Unterschrift seine Anwesenheit und Bezahlung. Man könnte sich die Situation ungefähr vorstellen, als würde man als Seminarbesucher zur Registrierung gehen. Bei größeren Hochzeiten werden sogar zwei Kassen aufgestellt: Eine für die Gäste der Braut und eine für die des Bräutigams.
Nachdem die Formalitäten erledigt sind, wird auf einer japanischen Hochzeit genau so wie bei uns reichlich gegessen, getrunken und ausgelassen gefeiert!
Recherche: Chia-Tyan
Bildquellen: Sebl│Sichuan│Happycloud2013│Japan List│橫濱嬌妻│istolethetv│你的海外婚禮
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